Auf dem Dorf – Hin und zurück
Thailand Udon Thani

Auf dem Dorf

Ich sitze seit fast einer Stunde in einem Tuk Tuk. Der Fahrer hat keine Ahnung wo ich hin will. Er spricht kein Englisch. Ich spreche kein Thai. Nahe dem Busbahnhof in Udon Thani hat er mich aufgegabelt. Auch da sprach er schon kein Englisch und ich kein Thai. Aber die freundlichen Mädls am Empfang des Hotels vor dem wir standen haben sich angesehen wo ich hin muss und es ihm erklärt. Hat ein bisschen gedauert. Aber irgendwann hat er gegrinst „100 Baht“ gesagt und mich mit nach draußen gewunken. Und jetzt sitze ich da. Hinten in dem Tuk Tuk. In einer Hängematte neben mir schläft ein kleiner Junge. An diesem Schild da sind wir schon dreimal vorbei gekommen. Und wir haben schon etwa acht Leute gefragt. Niemand kennt das Dorf in das ich will. Der Tuk Tuk-Fahrer ist langsam etwas genervt. Ich aber auch. Das Dorf findet sich so bei Google Maps nicht. Ein gutes Zeichen, genau das wollte ich. Aber irgendwie muss ich hinkommen. Irgendwie versehentlich kommen wir wohl in die Nähe. Zumindest sind da ein paar Tuk Tuk Fahrer die nicken als meiner fragt. Er ist mittlerweile echt verzweifelt. Der kleine Junge aufgewacht. Einer seiner Kollegen zeigt ihm wo er hin muss. Als er aber nur fünfzig Meter weiter fährt und wieder stehen bleibt bitte ich ihn umzudrehen und mich zu den anderen Fahrern zu bringen. Einer von ihnen steigt ein und ich wähne mich schon fast am Ziel. Wir fahren. Und halten bald schon wieder an. Das ist nicht das Malee Lakeside Guesthouse, das sehe sogar ich. Die Besitzerin dieses Gästehauses kommt raus um mir zu erklären, dass es hier aber auch ganz toll ist und mir reichts. Ich nehme meinen Rucksack und mach mich zu Fuß auf den Weg. Irgendwie muss ich das doch finden und weniger erfolgreich als mit dem Tuk Tuk kann es jetzt auch nicht mehr werden.

Mein Fahrer kommt mir hinterher bedeutet mir wieder einzusteigen und versucht ganz herzzerreißend mir doch noch zu helfen. Aber da er die Gegend, die ja irgendwie richtig zu sein scheint wieder verlässt steige ich dann doch aus. Ich finde ein Straßenrestaurant mit einem jungen Thai und frage einfach mal. Er ist nett, nickt und zeigt mir die Richtung. Ich will schon weitergehen, da ruft er mir hinterher „I’ll bring you.“ und steigt auf sein Motorbike. Ich hinten drauf. Etwa fünf Minuten bin ich dann tatsächlich da!

Aber sonst niemand. Alles sieht verwaist aus, das Tor ist verschlossen. Eine Telefonnummer ist auf eine Pinnwand gekritzelt, ich rufe an. Mittlerweile fängt es netterweise auch noch an zu regnen und ich bin kurz davor einfach irgendwie zurück in die Stadt zu fahren und meinen Plan abseits der Touristenpfade zu wandeln in die Tonne zu treten.

Die Frau am Telefon sagt, dass sie nicht da ist (Ach?) und fragt ob ich warten könnte (natürlich). Eine halbe Stunde später kommt dann eine ältere Dame um die Ecke, redet wie wild aber freundlich in Thai auf mich ein und drückt mir einen Schlüssel in die Hand. Der aber nicht passt. Aber das Bungalow ist offen und ich bin ziemlich geschafft. Also stört mich das erstmal nicht, ich packe aus und warte einfach mal. Die Anlage ist schön. Aber sehr verlassen. Hier ist nichts. Gar nichts. Und langsam kommen mir Zweifel ob das alles hier so richtig ist. Eine andere Frau kommt, sie spricht ein bisschen englisch. Ich denke sie ist die Besitzerin. Was mich noch mehr verzweifeln lässt. Als ich frage ob es hier was zu essen gibt lacht sie und schüttelt den Kopf. Sie fragt mich ob ich mit ihr shoppen gehen möchte und ich verliere langsam den Spaß an dieser ganzen Veranstaltung. Ich frage sie ob sie weiß, dass ich hier gebucht habe. Und schon bezahlt. Sie hat keine Ahnung wovon ich rede.

Ich beschließe mit ihr mitzukommen und mir wenigstens was zu trinken zu kaufen. Hinten auf ihrem Motorbike sitzend beschließe ich mir eines zu mieten, dann geht das hier schon. Ich frage sie ob sie mich irgendwo hin bringen kann, wo es ein Motorbike für mich gibt. Sie bringt mich zu einem Lebensmittelshop. Wäre ich nicht schon einiges gewohnt könnte ich jetzt auch gut verzweifeln. Aber ich bin eher ein bisschen angepisst. Und dann endlich, die Dame im Lebensmittelladen versteht ein bisschen Englisch. Und sie erklärt mir, dass ich nicht mit der Besitzerin der Anlage unterwegs bin sondern mit einer hilfsbereiten Nachbarin. Und ruft für mich bei der Besitzerin an. Die bei ihrem kranken Sohn ist und deswegen nicht weg konnte. Und ab dann wird der Aufenthalt hier sehr nett.

Tatsächlich bleibe ich der einzige Gast und der einzige Ausländer im Dorf. Viel kann man hier nicht machen, aber das ist schon in Ordnung. Die Anlage ist sehr gepflegt, alle sehr bemüht und obwohl außer der Besitzerin niemand Englisch spricht kommen immer mal wieder Leute hier vorbei um mit der komischen Farang-Frau zu sprechen, die fünf Nächte ganz alleine her gekommen ist. Viele tun das in Thai. Auch immer witzig. Die Tante der Besitzerin hat mir schon die ein oder andere bestimmt lustige Geschichte erzählt. Und wenn ich durchs Dorf laufe komme Leute aus ihren Häusern und grüßen mich. Kinder laufen mir nach und fiese Hunde knurren mich an. Auf dem Markt war ich die Attraktion. Und hier auf der Anlage werde ich ausgelacht, weil ich die Spinne mit 10cm Durchmesser neben meinem Bett nicht so cool fand und gefragt hab ob sich irgendwer nicht vor Spinnen ekelt und sie entfernen könnte.

Ein älterer Mann ist heute vor mir stehen geblieben, hat mich angeschaut und „Farang“ gesagt. Nicht unfreundlich. Dann ist Captian Obvious weitergegangen. Farang höre ich hier ziemlich oft. Manchmal laut, manchmal hinter vorgehaltener Hand. Aber dann weiß ich zumindest immer, dass es um mich geht.

Ach, mir hat’s hier gefallen. Aber als ich gehört habe, dass einige Leute die ich in Kambodscha kennenlernte gerade in Bangkok auf mich trinken und es schade finden, dass ich nicht auch da bin habe ich mich spontan entschlossen mein Emeritentum aufzugeben und nach Bangkok zu fliegen. Und – wie Julia, meine Reisebegleitung für ein paar Wochen und mittlerweile gute Freundin sagte – let’s paint the city red.

Ich hab im Dorf selbst fast komplett auf fotografieren verzichtet, ich bin so schon Kuriosum genug.

über

Diplom-Soziologin, Produktmanager, Certified ScrumMaster und DiveMaster. In Hamburg zu Hause, in München dahoam. Mehr zu mir gibts hier.

3 Kommentare

  1. Hallo Anja,
    das ist ja `ne spannende Geschichte. Da kommen bei mir Erinnerungen an Benin City in Nigeria hoch.
    Wünsche dir noch eine erlebnisreiche Zeit und freue mich schon jetzt auf den nächsten Beitrag.
    Gruß aus dem kalten Deutschland
    Manfred

    • Ja, und lustigerweise ist Udon Thani, ein relativ große Stadt mit vielen Farangs nur ein paar Kilometer entfernt.

      In Deutschland ist es schon wieder kalt?

  2. ja, in Deutschland ist`s richtig kalt. 13 Grad Mittagstemperatur und jetzt auch noch Regen. Angeblich soll`s den Rest der Woche so bleiben; jedenfalls kein Biergartenwetter, schade.

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